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Mietminderung oder Zurückbehaltungsrecht?

Immer wenn der Bundesgerichtshof ein neues mietrechtliches Urteil fällt, bemühen sich am nächsten Tag die Zeitungen, ihren Lesern die gewichtige Entscheidung und ihre Tragweite verständlich zu machen. Mag es am knappen Platz für die Urteilsbesprechung oder am mangelnden juristischen Durchblick der Redakteure liegen - oftmals werden dabei die Leser über die rechtlichen Konsequenzen der Urteile völlig falsch informiert.

So war am Tag nach einer BGH-Entscheidung zum Zurückbehaltungsrecht des Mieters (VIII ZR 330/09) in vielen Tageszeitungen zu lesen, dass der BGH ein Urteil zur Mietminderung gefällt hätte. Gut gedacht - aber eben völlig falsch!

Ein Anlass, den Unterschied zwischen der recht häufigen Mietminderung und dem seltener ausgeübten Zurückbehaltungsrecht nochmals aufzuzeigen:


Das Zurückbehaltungsrecht ist in § 320 BGB geregelt und gilt für alle Verträge, nicht nur im Mietrecht. Wenn jemand z.B. ein schwarzes Auto kauft und Zahlung bei Lieferung vereinbart, dan kann er sein Geld solange (zurück)halten, bis er sein schwarzes Auto bekommt - auch wenn der Händler ihm zwischenzeitlich 10 weiße Autos vor die Tür gestellt hat.

Im Mietrecht bedeutet das: Erbringt der Vermieter seine Leistung nicht ordnungsgemäß, beseitigt er z.B. Mängel an der Mietsache (Wohnung) - im streitigen Fall Schimmelbildung in der Wohnung - trotz Kenntnis und Aufforderung nicht, kann der Mieter zur Durchsetzung seines Anspruchs auf eine ordnungsgemäße Instandsetzung der Mietsache die Miete als Druckmittel zurückhalten.

Das Zurückbehaltungsrecht erlischt dann, wenn der Vermieter seiner Instandhaltungspflicht (Mängelbeseitigung) nachgekommen ist. Nun kann der Mieter nichts mehr zurückbehalten, er muss also die zurückgehaltene Miete nachzahlen.

Ergebnis: Der Mieter hat nichts gespart, der Vermieter hat die gesamte Miete - wenn auch verspätet - bekommen.


Mietminderung ist - wie der Name schon sagt - ein spezielles Recht für Mieter und ist deshalb im Bereich des Mietrechts des BGB in § 536 BGB geregelt. Bleiben wir bei unserer verschimmelten Wohnung. Weil eine Wohnung mit Schimmel weniger wert ist als eine Wohnung ohne Feuchtigkeit und Schimmel, der Mieter also im Gebrauch der Mietsache eingeschränkt ist, hat er das Recht, die Miete anteilig (in Höhe der Wertminderung - siehe Mietminderungstabelle) zu kürzen.

Diese Mietkürzung (Minderung) kann der Mieter solange fortsetzen, bis die Mietsache wieder in Ordnung ist. Ab dem Zeitpunkt muss er wieder die volle Miete bezahlen. Für den Zeitraum, in dem die Wohnung mangelhaft war, hat der Mieter weniger Miete bezahlt und muss diese Minderung auch nicht nachbezahlen.

Ergebnis: Der Mieter hat Miete eingespart, der Vermieter hat nicht die volle Miete erhalten.


Rückwirkend betrachtet:

Mietminderung kann der Mieter auch rückwirkend geltend machen, wenn er z.B. trotz Mängel an der Wohnung die Miete vollständig - aber unter Vorbehalt mit Hinweis auf den Mangel - bezahlt.

Zurückbehaltungsrecht rückwirkend? Geht gar nicht, denn was schon herausgegeben (übereignet oder bezahlt) ist, kann man ja schwerlich zurückbehalten. Es hat schon ein Anderer!


Zurück zu unserem BGH-Urteil: Da wurde (zum Zurückbehaltungsrecht) entschieden, dass der Mieter keine Miete zurückbehalten darf, wenn er den Vermieter gar nicht über den Mangel informiert. Eigentlich auch klar, denn wie soll der Vermieter einen Mangel beheben, den er gar nicht kennt!

Zur Mietminderung muss der BGH das gar nicht entscheiden: Denn in § 536c BGB steht deutlich drin, dass der Mieter sein Recht auf Minderung verliert, wenn er den Vermieter nicht über den Mangel informiert. Möglicherweise muss der Mieter dem Vermieter sogar Ersatz für den Schaden leisten, der durch die Nichtanzeige des Mangels entsteht.